2018
Die Ameländer Museen heben jeden Monat ein Exponat aus ihrer Kollektion besonders hervor. Dieses Museumsstück des Monats wird erst auf der Seite vom Persbureau Ameland publiziert, mit dem die Ameländer Museen für diese Rubrick zusammen arbeiten.
Eckschrank mit besonderen Details
Oft muss man bei Objekten genauer hinschauen, um das Besondere an ihnen zu entdecken. Das gilt auch für diesen Eckschrank aus der Kollektion der Ameländer Museen. Es gibt mehrere Gründe, warum dieser Schrank etwas Besonderes ist. Hauptsächlich, weil die Darstellung von dem abweicht, was im 17. oder 18. Jahrhundert gebräuchlich war. Maler aus dieser Zeit wählten oft Themen aus der Bibel oder Mythologie. Das Museumsstück des Monats Juli ist ein Eckschrank mit einer Szene aus der Walfangzeit. Wir haben dieses Exemplar ausgewählt, weil das Thema Walfang fest mit dem Ameländer Walfänger Hidde Dirks Kat verbunden ist; in 2018 der Namensgeber eines Programms voll kultureller Aktivitäten auf Ameland.
Wer die Details näher anschaut, entdeckt dass fast alles mit dem Walfang zu tun hat. Neben der dramatischen Darstellung der Walfänger im Kampf mit den Eisbären, sehen wir bis in kleinste Detail gemalte Schiffe, verschiedene Eisbären, ein Schutzschild, welches dem Wappen von Amsterdam gleicht, eine Karte von Nova Zembla und Walfänger in einen Boot, die gerade eine Wal harpuniert haben.
Die Bemalung entstand wahrscheinlich in der zweiten Hälfte des 19.
Jahrhunderts, vielleicht auch erst später. Der Schrank war zu Anfang mit einer Imitation von Mahagoniholz bemalt. Dass zwei Maler den Schrank bearbeitet haben, sehen wir auf der Rückseite. Beide haben hier ihre Pinsel ausgestrichen.
Der Eckschrank ist zusammen mit anderen wertvollen Exemplaren aus der Kollektion Möbelkunst in einer kleinen Ausstellung im Westzimmer vom Sorgdragerhuis im Museum Sorgdrager in Hollum zu sehen
Kochinsel aus dem 19. Jahrhundert
Es ist erst ein halbes Jahrhundert her, dass Ameland an das Erdgasnetz angeschlossen wurde. Anno 2018 wird heftig über Alternativen für Erdgas diskutiert. Es könnte sein, dass Ameland als
erste vom Erdgasnetz getrennt wird. Generationen lang wurde auf Holz- oder Kohleöfen, wie im Museum Swartwoude in Buren gezeigt, Essen gekocht. Sie waren multifunktionell: Wasser wurde in einem Kessel erwärmt, der an der Unterseite ein in den Ofen versenktes Wasserreservoir hatte. Fleisch und Backbirnen schmorten stundenlang auf einem Petroleumkocher. Das Öl wurde durch den Peteroliemannins Haus geliefert. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurden überall in Europa Gasfabriken gebaut. Sie produzierten Licht- oder Stadtgas durch die Erhitzung von Steinkohle. Zu Anfang nutzte man das Gas zur Beleuchtung von Straßen, später als Energie zum Kochen oder zur Beheizung. Nach der Entdeckung des großen Erdgasfeldes 1959 in Slochteren wurden in den 60er Jahren die Gasfabriken dem Erdboden gleich gemacht.
Für das HDK-2018-Jahr krochen sechs Ameländer Frauen in die Haut von Inselfrauen aus den vergangenen 250 Jahren. Zusammen mit Nynke Jester - eine Ameländer Frau anno 2018 - erzählen sie, wie sie lebten und kochten. Zur Ausstellung wurde ein Ameländer/Arktisches Kochbuch herausgegeben; mit einem Rezept für Schmorfleisch à la Oma.
Der Pottwal
Im Hidde Dirks Kat Jahr beschäftigen wir uns besonders mit den Ameländern, die auf Walfang gingen. Für das Museumsstück des Monats richten wir unsere Blicke diesmal auf die Schlachtopfer. Es waren die Tiere, denen die Menschen ihre Harpunen in den Körper stießen um danach aus ihnen Waltran zu kochen und den Walrat (Spermaceti) für die Produktion von Kerzen heraus zu holen.
Das Museumsstück ist ein Skelett von 13,60 Meter. Es ist das größte Stück in den Sammlungen der Ameländer Museen. Im Naturzentrum in Nes kann es besichtigt werden. Das Skelett ist eines der vier Pottwale, die 1997 auf Ameland anspülten.
Pottwale finden ihren Weg durch die Ozeane, indem sie Schallsignale aussenden und wieder empfangen. In den Küstengewässern funktioniert das nicht mehr und die Wale sterben in dem flachen Wasser. Warum sie die Orientierung verlieren, ist noch nicht richtig erforscht. Deutsche Untersucher fanden einen Zusammenhang zwischen Sonneneruptionen, die das Magnetfeld der Erde verstören, wodurch die Tiere ihre Orientierung verlieren. Andere Wissenschaftler fanden Spuren der Dekompressionskrankheit bei gestrandeten Tieren. Wahrscheinlich erschraken sie durch laute Knallgeräusche und schwammen zu schnell an die Oberfläche.
Die meisten Pottwale bleiben glücklicherweise in den Ozeanen, wo sie bis zu zwei Stunden unter Wasser bleiben können. Auf der Jagd nach Nahrung, Tintenfisch, können sie Tiefen von bis zu drei Kilometer erreichen.
Kleidung von einem Walfänger
In den Gräbern von Walfängern auf Spitzbergen fand man auffallend viele Mützen. Vieles ihrer Kleidung ist verfallen oder wurde nicht mit ins Grab gegeben, da noch brauchbare Stücke wieder verwendet wurden. Da so viele Mützen den Zahn der Zeit überlebt haben kommt durch die damals verwendete Schafswolle. Kleidungsstücke, die aus pflanzlichen Materialien hergestellt wurden, sind alle bis zur Unkenntlichkeit zerfallen.
In der Ausstellung über die Reise von Hidde Dirks Kat im Museum Sorgdrager hängen Replikate von einer Jacke und einer Hose, wie sie von Walfängern getragen wurden. Die Männer zogen mit ihrer normalen Winterkleidung in die Polgebiete.
Mit diesem Museumsstück des Monats möchten wir Ihnen zeigen, dass hinter den Kulissen einer Ausstellung viel mehr passiert, als das was der Besucher mitbekommt. Die Replikate von Jacke und Hose stammen vom Arktischen Zentrum der Reichsuniversität Groningen. Janna Visser aus Ballum studierte Fotos von Resten einer Mütze aus dem 17. Jahrhundert, suchte Pigmente aus dieser Zeit und spinnte und färbte die Wolle für diese Mütze. Die rote Farbe stammt von der Färberröte und die blaue von der Indigopflanze. Die graue Wolle kommt von einem grauen Schaf. Vom Schuhwerk wurde nichts mehr gefunden. Schuhe oder Stiefel aus Leder sind verrottet oder das Material wurde damals wieder verwendet. Holzschuhe wurden, nachdem sie nicht mehr brauchbar waren, verbrannt.
Kinderkajak
Das Museumsstück des Monats findet man im März nicht in der Eingangshalle des Museums Sorgdrager. Der Kinderkajak passt nämlich nicht in die Vitrine, in der sonst die Museumsstücke ausgestellt werden. Wer den Kajak sehen möchte, muss mit Hidde Dirks Kat auf die Reise gehen. Im Museum Sorgdrager nimmt der berühmteste Ameländer Kommandeur Besucher auf seine dramatisch verlaufende Reise nach Grönland mit.
Der Kinderkajak ist der wertvollste Gegenstand aus der Kollektion Walfang der Ameländer Museen. Er stammt aus Sukkertoppen, einem Eskimodorf auf Grönland. Im 18. Jahrhundert haben wahrscheinlich Ameländer Walfänger den Kajak als Souvenir mitgenommen. Aus der Länge und dem Paddel nimmt man an, dass er von Kindern benutzt wurde. Den Kajak fand man in 1966 unter einem Stapel Torf hinter der Orgel der hervormden Kirche in Hollum. In 1994 wurde der Kajak restauriert. Dabei wurden die Verbindungen des Rahmens aus Walross- und Eisbärsehnen durch Hanfseile ersetzt. Die Bemalung wurde auf Ameland angebracht.
Eine Schüssel mit dramatischer Szene
Dass Schüsselchen - im Februar Museumsstück des Monats - ist älter als die Bemalung auf dem Boden. Hier ist eine dramatische Szene wiedergegeben: Walfänger, im Kampf mit Eisbären. Die Bemalung - teilweise nicht mehr vorhanden, der Rest von schlechter Qualität - zeigt große Übereinstimmung mit einer Bemalung eines Eckschrankes aus der Sammlung vom Museum Sorgdrager. Wenn beide Bemalungen durch denselben Maler ausgeführt wurden, muss es im späten 19. oder frühen 20. Jahrhundert passiert sein.
Das Schüsselchen hat den Status des Museumsstücks des Monats bekommen, da es zwei Ausstellungen im Museum Sorgdrager miteinander verbindet. In der Scheune wird mit den Mitteln der modernen audiovisuellen Kommunikation die dramatisch verlaufene Reise des Ameländer Walfangkapitäns Hidde Dirks Kat erzählt. Genau so dramatisch ist die Abbildung von anderen Walfängern, die durch Eisbären angefallen werden.
Der Eckschrank ist Teil der Ausstellung von Spitzenexemplaren aus der Kollektion Ameländer Möbelkunst vom Museum Sorgdrager. Der Begriff Ameländer Möbelkunst entstand durch die Tatsache, dass auf der Insel in den letzten Jahrhunderten viel bemaltes Mobiliar die Wohnungen zierte. Besonders Bettbänke waren sehr populär. Weniger wahrscheinlich ist, dass die Möbel auf Ameland bemalt wurden. Das Problem für Untersucher ergibt sich aus der Tatsache, dass Möbelmaler ihre Arbeiten nicht signierten. Ein Aufruf zur wissenschaftlichen Untersuchung von mehr als dem letzten Jahrhundert, blieb lange unbeantwortet. Darum ist es beinahe unmöglich, die Herkunft und die Maler von einzelnen Gegenständen zu erforschen.